Hallo NOZ Team,
auf diesem Wege möchte ich Ihnen meinen Leserbrief zur NOZ vom Dienstag, 27.05.2025, Meinung Thomas Ludwig auf der Seite 1 zukommen lassen. Der Kommentar von Thomas Ludwig über Jette Nietzard und das „ACAB“-Statement wirkt weniger wie eine differenzierte Auseinandersetzung und mehr wie ein moralischer Rundumschlag. Es ist legitim, die Wahl eines solchen Symbols kritisch zu sehen. Doch die Vehemenz, mit der hier von „Hetze der übelsten Sorte“ und „blankem Unsinn“ die Rede ist, verfehlt den Kern der Debatte: nämlich die berechtigte Kritik an strukturellen Problemen innerhalb der Polizei.
„ACAB“ ist sicherlich provokant, das ist unbestritten. Aber Provokation ist ein legitimes Mittel politischer Jugendbewegungen, insbesondere wenn sie auf reale Missstände aufmerksam machen. Racial Profiling, übermäßige Polizeigewalt, mangelnde Aufarbeitung interner Übergriffe, das sind keine Hirngespinste, sondern dokumentierte Probleme. Die pauschale Verurteilung einer solchen Kritik als „Hetze“ trägt eher zur weiteren Verhärtung der Fronten bei als zu einer lösungsorientierten Diskussion.
Dass Nietzard als Privatperson in den sozialen Medien ein politisches Statement abgibt, wird ihr nun zum Vorwurf gemacht, und das ausgerechnet mit dem Argument „das Private ist politisch“, einem Grundsatz, der jahrzehntelang gerade von linken Bewegungen verteidigt wurde. Diese Verdrehung wirkt befremdlich. Wer Differenzierung fordert, sollte auch selbst differenzieren, und nicht Empörung mit Analyse verwechseln.
Polizeikritik ist kein Angriff auf den Rechtsstaat, sondern ein Zeichen demokratischer Reife. Wer alle Kritik an der Institution Polizei gleichsetzt mit Verunglimpfung einzelner Beamtinnen und Beamter, verkennt die Rolle einer engagierten Zivilgesellschaft. Gerade junge Menschen wie Jette Nietzard bringen wichtige Perspektiven ein – selbst wenn sie manchmal anecken. Das gehört zur politischen Auseinandersetzung dazu.
Mit freundlichen Grüßen
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