Sehr geehrte Redaktion,

beigefügt mein Leserbrief zu „Zehn Gedanken zur Ukraine“ von Burkhard Ewert (NOZ vom 21. August, Seite 2).

Burkhard Ewert bittet ausdrücklich um Widerspruch zu seinen Zehn Gedanken zur Ukraine, dem komme ich gerne nach. Seine Argumentation übernimmt in weiten Teilen bekannte Narrative aus Moskau, die einer sachlichen Einordnung bedürfen.

Ewert schreibt, der Krieg hätte früher enden können, wenn der Westen nicht eigene Interessen verfolgt hätte. Fakt ist: Russland selbst brach 2022 die Verhandlungen ab und führte den Angriffskrieg fort. Die Behauptung, Deutschland oder die EU hätten den Krieg „verlängert“, ist unbelegt und verdreht die Verantwortlichkeiten.

Auch die Darstellung, der Krieg sei eine Folge repressiver Kiewer Politik, des „Sturzes“ Janukowitschs oder der NATO-Erweiterung, greift klassische Kreml-Argumente auf. Tatsächlich wurde Janukowitsch nach Gewalt gegen Demonstranten durch das Parlament abgesetzt, NATO-Beitritte erfolgten stets auf Antrag souveräner Staaten, und die Minsker Abkommen wurden in erster Linie von Russland unterlaufen. Diese historischen Zusammenhänge lassen sich nicht mit einem lapidaren „der Krieg hätte nicht entstehen müssen“ verwischen.

Zudem relativiert Ewert, indem er die demokratischen Defizite der Ukraine betont, ohne die vollständige Unterdrückung von Opposition und Medien in Russland zu erwähnen. Natürlich ist die Ukraine kein lupenreiner Rechtsstaat, aber sie verteidigt ihre Existenz und die Möglichkeit freier Wahlen überhaupt, etwas, was in Russland längst unmöglich ist.

Auch die Forderung, China oder Indien als „neutrale“ Friedensvermittler einzusetzen, verkennt, dass beide Staaten eher enge Partner Moskaus sind und kein echtes Gegengewicht darstellen.

Schließlich ist die wiederkehrende Klage über eine angebliche „Militarisierung“ oder „Doppelmoral“ der EU ein rhetorisches Muster, das vom eigentlichen Kern ablenkt: Russland hat einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg begonnen, und Europa reagiert darauf. Die EU verteidigt mit ihrer Unterstützung für die Ukraine nicht „eigene Machtspiele“, sondern das Völkerrecht und das Selbstbestimmungsrecht souveräner Staaten.

Wenn man all dies berücksichtigt, zeigt sich: Ewerts Gedanken sind weniger eine offene Analyse als vielmehr eine Verharmlosung russischer Verantwortung, verbunden mit Misstrauen gegenüber der Demokratie im Westen. Ein solches Framing sollte nicht unwidersprochen bleiben.

Mit freundlichen Grüßen