Sehr geehrte Redaktion, sehr geehrter Herr Benedict,
hier sende ich Ihnen meinen Leserbrief zum Kommentar Hat Jette Nietzard geschadet oder geholfen? von Daniel Benedict (NOZ, 30.07.2025) auf der Seite 1.
Der Kommentar von Daniel Benedict über Jette Nietzard ist ein Paradebeispiel für politische Einseitigkeit. Mit spitzer Feder wird eine junge Politikerin der Grünen Jugend seziert, ihr Kleidungsstil skandalisiert und einzelne unbedachte Äußerungen zum Hauptproblem unserer politischen Debatten erklärt. So erzeugt man einen Popanz, der davon ablenkt, wo tatsächlich demokratiegefährdende Entwicklungen stattfinden.
Wäre es nicht naheliegender gewesen, über systematische Korruption in Parteien wie der CDU zu sprechen, von der Maskenaffäre bis zur Aserbaidschan-Connection? Oder über die Entmenschlichung Geflüchteter durch die Wortwahl eines Friedrich Merz (Sozialtourismus, kleine Paschas)? Oder über die Normalisierung rechtsextremer Positionen durch die AfD, die laut Verfassungsschutz in Teilen als gesichert extremistisch gilt?
Stattdessen dient eine 26-jährige Jugendverbandschefin als Projektionsfläche, deren eigentliche Themen, wie Flüchtlingshilfe, Klimagerechtigkeit oder Antirassismus, im Kommentar nicht einmal ernsthaft diskutiert werden. Ja, Nietzard hat kommunikative Fehler gemacht. Aber der Maßstab, mit dem hier geurteilt wird, legt einen doppelten Standard offen: Während echte Machtträger für ihre Skandale oft geschont werden, wird eine junge Frau ohne Regierungsverantwortung öffentlich demontiert.
Wer sich über ein provokantes T-Shirt mehr empört als über menschenverachtende Aussagen von Parlamentariern, hat sich in der Prioritätensetzung verirrt.
Mit freundlichen Grüßen
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