Sehr geehrte Redaktion, sehr geehrter Herr Ewert,

hier mein Leserbrief zur NOZ vom Donnerstag, 11.09.2025, Rest der Republik Boomer Mimimi, Seite 2.

Burkhard Ewerts Verteidigung der Boomer blendet zentrale Aspekte der Wohlstandsdebatte aus. Er verweist auf Konsumgüter der 1970er und 80er Jahre, um zu zeigen, wie genügsam man damals lebte. Das lenkt aber von der entscheidenden Frage ab: der Verteilung. In der alten Bundesrepublik war Wohlstand vergleichsweise gleichmäßiger verteilt, die Mittelschicht wuchs, Aufstieg durch Arbeit war möglich. Heute hingegen besitzt das reichste Prozent über 30 % des Vermögens, während fast die Hälfte der Bevölkerung kaum Rücklagen hat. Genau hier liegt das Problem: Nicht am „falschen Bewusstsein“ der Jungen, sondern an einer real verschärften Ungleichheit.

Ewert verniedlicht zudem den Ukrainekrieg, indem er ihn als „Ballast der Seele“ relativiert und mit Kindheitstraumata der Kriegsgeneration vergleicht. Damit verschiebt er die Perspektive von einem geopolitischen Angriffskrieg auf eine moralische Erzählung. Aber es geht nicht um „Chai Latte gegen Steckrüben“, sondern um die Sicherheit Europas und die Verteidigung des Völkerrechts.

Wer ernsthaft über Generationengerechtigkeit sprechen will, muss die Ungleichheit der Gegenwart thematisieren, und darf aktuelle Krisen nicht durch historische Vergleiche verharmlosen.

Mit freundlichen Grüßen