Hallo NOZ Team,

auf diesem Wege sende ich Ihnen meinen Leserbrief zur NOZ vom 30.05.2025 zum Kommentar „Jetzt nur nicht gleich die Moralkeule schwingen“ von Thomas Ludwig (Titelthema: Dobrindt verschärft Familiennachzug), Seite 3.Leserbrief: Differenzierte Betrachtung statt alarmistische Vereinfachung

Herr Ludwig beschreibt die deutsche Kommunalpolitik als nahezu kollabierend und behauptet, Städte und Landkreise seien mit der Aufnahme und Integration Geflüchteter „heillos überfordert“. Diese Darstellung widerspricht allerdings den aktuellen Fakten, und ist in ihrer Pauschalität nicht haltbar.

Eine im Mai 2024 veröffentlichte Kommunalbefragung des DESI-Instituts in Kooperation mit der Bertelsmann Stiftung zeichnet ein differenzierteres Bild: Nur 5 % der befragten Kommunen sehen sich im sogenannten „Notfallmodus“, weitere 34,6 % sprechen von einem „Krisenmodus“, sie befinden sich also an der Belastungsgrenze. Aber: Die Mehrheit von rund 60 % der Kommunen schätzt ihre Lage als „herausfordernd, aber machbar“ oder sogar „entspannt“ ein.

Statt faktenbasiert zu analysieren, wird hier ein Alarmismus bedient, der Ängste schürt und politische Maßnahmen rechtfertigen soll, die reale Probleme nur oberflächlich adressieren. Denn dass Kommunen an ihre Grenzen kommen, liegt häufig nicht allein an Migration, sondern an jahrelanger struktureller Unterfinanzierung, Bürokratieballast und fehlenden Investitionen in bezahlbaren Wohnraum, Bildung und Sozialarbeit. Aspekte, die Herr Ludwig nicht thematisiert.

Wer ernsthaft über Integration und Belastungssteuerung sprechen will, sollte daher auch über die Rolle von Bund und Ländern, über kommunale Finanzausstattung, über die Auflösung von Flaschenhälsen im Wohnungsbau und über Fachkräftemangel bei Trägern und Verwaltung reden, nicht nur über Zuwanderungsregulierung.

Eine migrationspolitische Debatte darf geführt werden, aber sie muss auf Fakten beruhen, nicht auf Vereinfachungen und Schlagworten wie „Entsolidarisierung“. Ansonsten gefährdet man genau das, was man zu schützen vorgibt: gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Mit freundlichen Grüßen