Sehr geehrte Redaktion, sehr geehrter Herr Grupe,
hier sende ich Ihnen meinen Leserbrief zum Artikel „Wir schaffen das half der AfD beim Aufstieg“ (NOZ vom 26.08.2025, Seite 3).
Der Beitrag von Leon Grupe reduziert den Aufstieg der AfD fast vollständig auf Angela Merkels Entscheidung im Sommer 2015. Diese Sichtweise greift viel zu kurz und greift auf ein längst bekanntes, aber stark vereinfachtes Narrativ zurück.
Erstens: Die Ursachen für den Erfolg der AfD sind komplex. Neben der Flüchtlingsbewegung spielten auch Eurokrise, soziale Spaltung, die Ost-West-Differenz, interne Kurswechsel der AfD sowie gezielte Desinformationskampagnen eine wesentliche Rolle. Wer Merkels „Wir schaffen das“ als fast alleinigen Auslöser darstellt, unterschlägt diese Faktoren und verengt den Blick.
Zweitens: Die Darstellung der Kölner Silvesternacht als Beispiel für „hunderte Frauen“ ist irreführend. Fakt ist: Es gab über 1.000 Anzeigen, davon rund 660 mit sexuellem Bezug, überwiegend wegen Belästigungen im Gedränge. Von „hunderten vergewaltigten Frauen“ kann keine Rede sein. Solche Zuspitzungen tragen eher zur Mythenbildung bei, als dass sie zur sachlichen Aufarbeitung beitragen.
Drittens: Wer Merkels Politik die „Schuld“ am AfD-Aufstieg zuschiebt, entlastet damit paradoxerweise die AfD selbst. Eine demokratische Öffentlichkeit sollte nicht die populistische Erzählung verstärken, dass allein „die Flüchtlingspolitik“ diese Partei groß gemacht habe.
Eine seriöse Analyse muss die Mehrdimensionalität der Ursachen anerkennen und darf nicht in einfachen Schuldzuweisungen stecken bleiben.
Mit freundlichen Grüßen
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