Hallo NOZ Team,
beigefügt sende ich Ihnen meinen Leserbrief zur NOZ vom Donnerstag, 08.05.2025, Interview mit russischem Botschafter.
Keine Bühne für Propaganda
Sehr geehrte Redaktion,
mit großem Befremden habe ich Ihr Interview mit dem russischen Botschafter Sergej Netschajew („Haben bereits einen Kalten Krieg – sogar in schärferer Form“) gelesen. So wichtig es ist, auch Vertreter autoritärer Regime zu befragen, so enttäuschend ist es, dass diesem Interview jegliche journalistische Einordnung fehlt.
Herr Netschajew verbreitet darin unkommentiert die altbekannten Narrative des Kremls: Die Ukraine sei selbst Schuld an ihrer Lage, Russland führe keinen Angriffskrieg, die Sowjetunion habe Polen 1939 nicht besetzt, sondern „Sicherheitsinteressen“ gewahrt – alles Geschichtsverdrehung in Reinform. Dass diese Aussagen nicht einmal durch Fakten oder historische Korrekturen relativiert werden, ist journalistisch problematisch. Kritische Rückfragen sind zwar vorhanden, doch die Widersprüche bleiben unbezeichnet, die Desinformation wirkt dadurch salonfähig.
Ein Interview mit einem russischen Diplomaten ist keine Bühne für Propaganda, sondern eine Verantwortung, Lügen als solche zu benennen. In einer Zeit des Informationskriegs sollte Medienkompetenz bedeuten: Klar benennen, was Propaganda ist – gerade wenn sie im diplomatischen Gewand daherkommt.
Mit freundlichen Grüßen
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