Hallo NOZ Team,
hier mein Leserbrief zur NOZ vom Donnerstag, 08.03.2025, Seite 2, Rest der Republik von Burkhard Ewert.
Leserbrief: Wissenschaft statt gefühlter Wahrheiten
In Ihrem Artikel wird – bewusst oder unbewusst – eine Denkweise kultiviert, die gefährlich für eine aufgeklärte Gesellschaft ist: die Vorstellung, dass Wissenschaftler, die in Talkshows auftreten, nur „linientreue“ Deutungen vertreten und dass es vermeintlich „andere Wahrheiten“ gibt, die zu wenig Gehör finden.
Gerade in Krisenzeiten – sei es in der Migrationsdebatte, der Klimaforschung, der Pandemie oder geopolitischen Fragen – dürfen wir uns nicht von Emotionen, Meinungen oder gefühlten Wahrheiten leiten lassen. Wissenschaftliche Erkenntnisse sind nicht beliebig. Sie entstehen durch Forschung, Prüfung, Diskussion und Widerlegung. Natürlich gibt es auch innerhalb der Wissenschaft unterschiedliche Sichtweisen, aber diese müssen sich in der Fachwelt bewähren, nicht in Facebook-Kommentaren oder in der gefühlten „Stimmung im Rest der Republik“.
Es ist problematisch, wenn Experten, die mit wissenschaftlicher Methodik arbeiten, in die Nähe von politischer Linientreue gerückt werden, während abweichende Meinungen, unabhängig von ihrer fachlichen Fundierung, als mutige Gegenstimmen gefeiert werden. Wissenschaft ist kein Bauchgefühl, sondern eine strukturierte Suche nach Wahrheit. Wer Zweifel an wissenschaftlichen Erkenntnissen hat, muss sie mit Fakten widerlegen – nicht mit vagen Behauptungen oder vermeintlichen Parallelen zu früheren Zeiten.
Eine starke Demokratie braucht informierte Debatten, aber vor allem braucht sie Respekt für wissenschaftliche Expertise. Wer Wissenschaft und qualifizierte Wissenschaftler als Teil eines „Mainstreams“ abtut, öffnet Tür und Tor für Meinungsmache und Desinformation.
Mit freundlichen Grüßen
