Leserbriefe, Medienkritik & politische Analysen seit 2025

Kategorie: Rena Lehmann (Seite 3 von 4)

Leserbrief zu: „Endlich passiert etwas“ von Rena Lehmann (NOZ, 14.07.2025, Seite 3

Sehr geehrte Redaktion, sehr geehrte Frau Lehmann,

beigefügt erhalten Sie meinen Leserbrief zu: „Endlich passiert etwas“ von Rena Lehmann (NOZ, 14.07.2025, Seite 3).

Der Artikel von Rena Lehmann zur Zwischenbilanz von Kanzler Merz wirkt bemüht optimistisch, doch bei genauem Hinsehen passt das Bild nicht zu den zitierten Fakten.

Wirtschaftsexperte Clemens Fuest warnt vor einem Strohfeuer, wenn echte Reformen weiter ausbleiben. Politikwissenschaftlerin Ursula Münch spricht nur vorsichtig von „gewisser kleiner Aufbruchsstimmung“. Auch die Umfragen bestätigen kein klares Vorankommen: Die Zufriedenheit mit Merz sinkt, die SPD stürzt ab, und fast die Hälfte der Bevölkerung glaubt weiterhin, dass es mit dem Land bergab geht.

Gerade dieser Widerspruch zwischen Faktenlage und Erzählung macht stutzig: Obwohl die Zahlen auf Skepsis und Unsicherheit hindeuten, strickt die Autorin daraus ein positives Regierungsbild. Das ist kein Ausgleich, das ist einseitige Deutung.

Solche Texte verstärken nicht das Vertrauen in politische Berichterstattung, sondern untergraben es. Denn ein Aufbruch lässt sich nicht herbeischreiben, er muss erkennbar sein.

Mit freundlichen Grüßen 

Leserbrief zum Artikel/Interview „Der Optimismus kehrt zurück“ (NOZ vom 12.07.2025), Seite 3

Sehr geehrte Redaktion, sehr geehrte Frau Lehmann,

beigefügt erhalten Sie meinen Leserbrief zum Artikel/Interview „Der Optimismus kehrt zurück“ (NOZ vom 12.07.2025), Seite 3.

Das Interview von Rena Lehmann mit Kanzleramtschef Thorsten Frei liest sich wie eine PR-Broschüre der Regierung Merz, leider weitgehend ohne kritische Einordnung oder Nachfrage. Dabei verdient eine ganze Reihe von Aussagen dringend Widerspruch.

Wenn Herr Frei Jens Spahn für dessen Rolle in der Maskenbeschaffung während der Pandemie lobt und pauschal sein „absolutes Vertrauen“ ausspricht, ignoriert er die massiven Versäumnisse, Millionenverluste und die bis heute andauernden juristischen Auseinandersetzungen. Der Bundesrechnungshof hatte klare Worte gefunden, in Ihrem Artikel aber bleibt dieser Kontext außen vor.

Ebenso fragwürdig ist die Behauptung, die Stimmung im Land sei deutlich optimistischer geworden. Die aktuellen Umfragen zeigen vielmehr politische Ernüchterung, gerade in der Mitte der Gesellschaft. Auch wirtschaftlich sieht es mit einem strukturellen Haushaltsloch von 144 Milliarden Euro (2027–2029) keineswegs rosig aus. Statt konkreter Lösungen hören wir Allgemeinplätze über Strukturreformen, ohne dass diese bisher irgendwo greifbar wären.

In der Migrationspolitik spricht Frei von „offenen Grenzen“, obwohl gleichzeitig Grenzkontrollen ausgeweitet und Zurückweisungen selbst dort praktiziert werden, wo Gerichte sie als rechtswidrig beurteilen. Diese rechtliche Grauzone wird nicht etwa behoben, sondern zur Dauerlösung erklärt, ein gefährlicher Umgang mit unserem Rechtsstaat.

Und auch die angekündigte Strompreisentlastung wirkt bei näherem Hinsehen weniger zielgerichtet als behauptet. Die versprochene Senkung der Stromsteuer wurde verschoben, während die Netzentgeltentlastung vor allem energieintensiven Unternehmen zugutekommt.

Dass Medien Interviews führen, ist wichtig, aber ebenso wichtig ist es, Aussagen kritisch einzuordnen und gegebenenfalls zu hinterfragen. Gerade in Zeiten wachsender Politikverdrossenheit wäre ein faktenbasierter Journalismus wichtiger denn je.

Mit freundlichen Grüßen 

Leserbrief zu: „Die SPD hätte sie besser nicht vorgeschlagen“ von Rena Lehmann, NOZ vom 10.07.2025, Seite 1 

Sehr geehrte Redaktion, sehr geehrte Frau Lehmann,

hier sende ich Ihnen meinen Leserbrief zum Artikel „Die SPD hätte sie besser nicht vorgeschlagen“ von Rena Lehmann, NOZ vom 10.07.2025, Seite 1.

Die Kritik von Rena Lehmann an der Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf wirkt in Teilen überzeichnet. Es ist legitim, bei Verfassungsrichter:innen hohe Maßstäbe an Unabhängigkeit anzulegen. Doch einzelne pointierte Aussagen pauschal als Beleg politischer Einseitigkeit zu deuten, greift zu kurz. Juristische Kompetenz schließt gesellschaftliche Positionierung nicht aus, solange sie nicht zur Parteilichkeit wird. 

Wer Richterinnen auf einzelne Meinungsäußerungen reduziert, betreibt genau die Politisierung, die er vorgibt zu verhindern. 

Ein Blick in die USA zeigt, wohin das führen kann: Wenn Richterposten nur noch als parteipolitisches Terrain verhandelt werden, leidet das Vertrauen in das ganze Gericht. Diese Entwicklung gilt es in Deutschland zu vermeiden, gerade durch Maß und Differenzierung.

Mit freundlichen Grüßen 

Leserbrief zu den Artikeln „Prien für Obergrenze für Schüler mit Migrationshintergrund“ und „Warum nicht mal groß denken?“ von Rena Lehmann (NOZ vom 05.07.2025)

Sehr geehrte Redaktion, sehr geehrte Frau Lehmann,

hier sende ich Ihnen meinen Leserbrief zu den Artikeln „Prien für Obergrenze für Schüler mit Migrationshintergrund“ und „Warum nicht mal groß denken?“ von Rena Lehmann (NOZ vom 05.07.2025).

„Warum nicht mal groß denken?“ fragt Rena Lehmann in ihrem Kommentar zur Idee einer Obergrenze für Kinder mit Migrationshintergrund in Klassenzimmern. Die eigentliche Frage müsste jedoch lauten: Warum schon wieder klein denken, und zwar so klein, dass komplexe Probleme auf einen einzigen Sündenbock reduziert werden?

Was Frau Lehmann und auch Bundesbildungsministerin Prien hier betreiben, ist keine mutige Bildungsoffensive, sondern Symbolpolitik mit ideologischer Schlagseite. Statt das Bildungssystem ernsthaft zu reformieren, etwa durch kleinere Klassen, mehr Lehrer, soziale Durchmischung und bessere Ausstattung, wird suggeriert, eine „Migrantenquote“ könne die Bildungsmisere lindern. Als wäre die Herkunft das Problem, nicht die Chancenungleichheit.

Die Realität sieht anders aus: Kinder scheitern nicht, weil sie „Ali“ heißen, sondern weil sie in Armut aufwachsen, weil Schulen unterbesetzt sind und weil Bildungschancen immer noch vom Elternhaus abhängen, ganz gleich, ob mit oder ohne deutschen Pass.

Besonders perfide wird es, wenn Frau Lehmann auf den vermeintlichen Ausspruch „Der Islam ist hier der Chef“ verweist, ohne Kontext, Quelle oder kritische Distanz. Solche Zitate bedienen Ressentiments und laden rechtes Gedankengut salonfähig auf – auch wenn sie sich den Anschein nüchterner Sorge geben. Wer Bildungsgerechtigkeit ernst meint, sollte Brücken bauen, nicht Grenzen ziehen.

Eine echte „große Idee“ wäre es, allen Kindern, unabhängig von Herkunft, Name oder Religion, die gleiche Chance auf Bildung zu geben. Eine Obergrenze für Migrantenkinder dagegen klingt verdächtig nach Obergrenze für Mitmenschlichkeit.

Mit freundlichen Grüßen 

Leserbrief zur NOZ-Ausgabe vom 4. Juli 2025: „Es ist noch nicht so weit – Alexander Gauland und die AfD“, Seite 3

Guten Tag, sehr geehrte Redaktion, sehr geehrte Frau Lehmann,

hier sende ich Ihnen meinen Leserbrief zur NOZ-Ausgabe vom 4. Juli 2025: „Es ist noch nicht so weit – Alexander Gauland und die AfD“, Seite 3.

Mit großem Befremden habe ich in der Freitagausgabe der NOZ die ganzseitige Interviewstrecke mit Alexander Gauland gelesen. Es irritiert mich zutiefst, dass einem führenden Vertreter einer vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuften Partei eine derart breite und unkommentierte Bühne geboten wird.

Die AfD steht für rassistische, demokratiefeindliche und revisionistische Positionen. Dass Alexander Gauland den Holocaust als „Vogelschiss in der deutschen Geschichte“ bezeichnete, dass Höcke von einer erinnerungspolitischen „180-Grad-Wende“ spricht und sich Parteivertreter wie Helferich selbst als das „freundliche Gesicht des NS“ bezeichnen, sind keine Ausrutscher, sondern Ausdruck einer ideologischen Linie. Diese Partei will nicht gestalten, sie will spalten, sie schürt Ängste, untergräbt den gesellschaftlichen Zusammenhalt und verachtet die freiheitlich-demokratische Grundordnung.

Umso erschreckender ist es, dass die NOZ, ein Medium mit journalistischer Verantwortung, diesem ideologischen Projekt eine Plattform bietet, ohne kritisch zu hinterfragen oder wenigstens einordnende Kommentare beizustellen. Es genügt nicht, einen Funktionär wie Gauland einfach reden zu lassen. Es ist die Pflicht eines unabhängigen Journalismus, antidemokratische Aussagen zu hinterfragen, zu kontextualisieren und den Leserinnen und Lesern eine fundierte Einordnung zu ermöglichen.

Ein Interview mit einem Rechtsextremen, das ohne kritische Distanz daherkommt, wird nicht zur Aufklärung, sondern zur Normalisierung seiner Positionen beitragen. Es wird Leserinnen und Leser möglicherweise in der Wahrnehmung bestätigen, dass man mit solchen Ansichten offenbar ganz legitim in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist, und das ist gefährlich.

Gerade in Zeiten, in denen unsere Demokratie unter Druck steht, braucht es Haltung, nicht Zurückhaltung. Die AfD ist keine normale Partei. Und Medien wie die NOZ sollten sie auch nicht so behandeln.

Mit freundlichen Grüßen 

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