Leserbriefe, Medienkritik & politische Analysen seit 2025

Kategorie: Zeitgeschehen (Seite 11 von 16)

Leserbrief zur NOZ vom Dienstag, 08.07.2025, zum Artikel „Zahl der Drogentoten auf hohem Niveau“ Seite 4

Sehr geehrte Redaktion,

hier sende ich Ihnen meinen Leserbrief zur NOZ vom Dienstag, 08.07.2025, zum Artikel „Zahl der Drogentoten auf hohem Niveau“ Seite 4.

Vom Zauderer zum Warner?

Hendrik Streeck war in der Corona-Pandemie einer der lautesten Mahner gegen vorschnelles Handeln. Heute warnt er als Bundesdrogenbeauftragter vor genau dem Fehler, den er damals mitzuverantworten hatte: zu spät reagieren, zu lange auf Sicht fahren.

Das ist bemerkenswert. Denn entweder hat Streeck dazugelernt, oder er versucht, sich mit rhetorischer Volte von der eigenen Vergangenheit abzusetzen. Seine Diagnose zur Drogenkrise ist richtig: neue Substanzen, wachsender Mischkonsum, fatale Datenlücken. Doch wer „pandemische Dynamik“ beschwört, sollte auch die politische Konsequenz fordern: verbindliches Monitoring, gezielte Prävention, schnelle Hilfe.

Ob Streecks späte Warnung aus Einsicht oder politischem Kalkül stammt, entscheidend ist, dass sie jetzt zu Taten führt. Denn bei über 2.000 Drogentoten im Jahr hilft keine Imagekorrektur, sondern nur konsequente Politik.

Mit freundlichen Grüßen 

Leserbrief zum Artikel „Wie links dürfen Verfassungsrichter sein?“ (NOZ vom Montag, 07.07.2025, Seite 4, übernommen aus der NZZ)

Sehr geehrte Redaktion,

hier sende ich Ihnen meinen Leserbrief zum Artikel „Wie links dürfen Verfassungsrichter sein?“ (NOZ vom Montag, 07.07.2025, Seite 4, übernommen aus der NZZ).

Mit Erstaunen und wachsender Irritation habe ich den Artikel zur Kandidatur der Staatsrechtlerin Frauke Brosius-Gersdorf für das Bundesverfassungsgericht gelesen, und noch mehr darüber, dass er ausgerechnet aus der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) stammt. Die NZZ mag einmal als liberale Qualitätszeitung gegolten haben, doch in den letzten Jahren hat sie sich, vor allem im Deutschland-Teil, deutlich nach rechts verschoben. Dass die NOZ nun beginnt, Artikel aus dieser publizistischen Richtung ungefiltert zu übernehmen, ist bedenklich und leider symptomatisch für eine Entwicklung, die ich zunehmend auch in der NOZ selbst beobachte.

Der Artikel selbst insinuiert, Brosius-Gersdorf sei als Verfassungsrichterin fragwürdig, nicht etwa wegen fehlender juristischer Qualifikation (die ausdrücklich bestätigt wird), sondern weil sie als „zu links“ erscheint. Dabei werden zentrale Grundhaltungen wie die Verteidigung der Demokratie gegen verfassungsfeindliche Parteien oder eine differenzierte Position zum Thema Impfpflicht als „ultralinks“ oder „unangemessen“ diffamiert. Das ist nicht nur sachlich verkürzt, sondern spielt ganz offensichtlich einer konservativen Empörungskultur in die Hände, die sich zunehmend auch auf verfassungsrechtlich legitime Meinungen einschießt, solange sie nicht ins eigene Weltbild passen.

Viel bedenklicher aber finde ich, dass sich die NOZ nicht mehr die Mühe macht, solche Texte redaktionell einzuordnen oder ihnen zumindest eine eigene Stimme entgegenzustellen. Stattdessen übernimmt man sie eins zu eins. Was kommt als Nächstes? Gastbeiträge aus der Jungen Freiheit oder Compact?

Die NOZ sollte sich ernsthaft fragen, welchen publizistischen Weg sie einschlagen will, und wie viel Ausgewogenheit sie ihrer Leserschaft noch zutraut. Ein Rechtsruck im redaktionellen Teil ist jedenfalls unübersehbar. Wer sich hier noch kritisch mit der AfD oder autoritären Tendenzen auseinandersetzen will, findet dafür immer weniger Raum, und dafür umso mehr freundliche Übernahmen aus dem konservativ-reaktionären Meinungsspektrum. Das ist beunruhigend.

Mit freundlichen Grüßen 

Leserbrief zur NOZ vom Montag, 07.07.2025, Seite 3, Artikel „Alles nur Strategie?“

Sehr geehrte Redaktion, sehr geehrter Herr Grupe, sehr geehrter Herr Fays,

hier sende ich Ihnen meinen Leserbrief zur NOZ vom Montag, 07.07.2025, Seite 3, Artikel „Alles nur Strategie?“.Wieder ein Artikel, wieder ein PR-Geschenk für die AfD. Unter dem Titel „Alles nur Strategie?“ schildert die NOZ die Aktivitäten der AfD im Bundestag,als wäre sie eine normale Partei mit etwas unorthodoxem Stil. Kein kritisches Wort zu rassistischer Rhetorik, zur Verachtung demokratischer Institutionen oder zur gezielten Störung parlamentarischer Prozesse. Stattdessen lesen wir über Anfragen, Lacher und Ordnungsrufe, garniert mit der fast schon staunenden Feststellung, dass die AfD „die lachfreudigste Fraktion“ sei. Was soll das sein? Eine Imagepflege für Rechtsextreme?

Der Artikel reiht sich ein in eine lange Kette von NOZ-Beiträgen, die der AfD eine Bühne bieten, ohne sie ernsthaft zu hinterfragen. Dieser Kuschelkurs gegenüber einer vom Verfassungsschutz beobachteten Partei ist mit demokratischer Verantwortung unvereinbar. Jetzt folgt der nächste Beitrag, erneut ohne Einordnung, ohne klare Haltung, ohne journalistische Schärfe.

Dass die AfD mit gezielter Provokation, Desinformation und massenhafter Überlastung parlamentarischer Prozesse arbeitet, ist kein Geheimnis, es ist belegt. Dass sie demokratische Institutionen schwächen will, ist erklärtes Ziel ihrer Wortführer. All das wird im Artikel entweder verharmlost oder ignoriert. Man hat fast den Eindruck, die NOZ wolle bewusst ein unpolitisches Bild der Partei zeichnen, als wären Reden mit SA-Vergleichen, Klimawandelleugnung oder Abschottungsfantasien einfach nur etwas „kontrovers“.

Wer so berichtet, normalisiert nicht nur die AfD, er verharmlost den Angriff auf unsere Demokratie. Und das ist nicht mehr bloß journalistisches Versagen. Das ist gefährlich.

Mit freundlichen Grüßen

Leserbrief zur NOZ vom Donnerstag, 03.07.2025, zum Artikel „Regenbogenflagge von St.-Martin-Kirche gerissen“, Seite 18

Hallo NOZ Team,

hier sende ich Ihnen meinen Leserbrief zur NOZ vom Donnerstag, 03.07.2025, zum Artikel „Regenbogenflagge von St.-Martin-Kirche gerissen“, Seite 18.

Mit Bestürzung habe ich von dem Vorfall an der St.-Martin-Kirche in Bramsche gelesen, bei dem die Regenbogenflagge nach dem Christopher Street Day abgerissen wurde. Die Gemeinde vermutet einen Zusammenhang mit dem CSD, doch es greift zu kurz, diesen Akt allein als Reaktion auf eine lokale Veranstaltung zu deuten.

In Wahrheit ist dies ein weiteres Beispiel für eine bundesweit spürbare Entwicklung: Die Missachtung und Herabwürdigung queerer Menschen und Symbole wird zunehmend gesellschaftsfähig, nicht zuletzt befeuert durch politische Akteure auf höchster Ebene.

Wenn CDU-Chef Friedrich Merz die Regenbogenflagge als Symbol queerer Sichtbarkeit mit einem „Zirkuszelt“ vergleicht und Bundestagspräsidentin Julia Klöckner das Hissen dieser Fahne zum CSD am Reichstagsgebäude untersagt, dann sind das keine harmlosen Formalitäten. Es sind gezielte Signale. Signale, die queeren Menschen sagen: Ihr gehört nicht sichtbar zu uns. Signale, die jenen in die Hände spielen, die sich durch Vielfalt gestört fühlen, und dann wie in Bramsche zur Tat schreiten.

In diesem politischen Klima braucht es keine Parolen mehr. Eine geklebte Botschaft wie „Schwarz-Rot-Gold ist bunt genug“ spricht Bände. Sie ist das direkte Echo auf die Symbolpolitik aus Berlin, die Vielfalt zur Nebensache erklärt und Neutralität als Deckmantel für Ausgrenzung benutzt.

Es ist daher nicht nur mutig, sondern auch bitter nötig, dass Pastorin Schimmelpfennig und ihre Gemeinde eine neue Flagge aufhängen wollen. Sie setzen damit ein Zeichen der Solidarität, das leider derzeit aus der Bundespolitik schmerzlich fehlt.

Mit freundlichen Grüßen 

Leserbrief zur NOZ vom Mittwoch, 02.07.2025, Meinung „Hitzewelle im Norden? Bitte entspannen Sie sich“ von Alexander Barklage auf Seite 3

Guten Tag NOZ Team, sehr geehrter Herr Barklage,

hier sende ich Ihnen meinen Leserbrief zur NOZ vom Mittwoch, 02.07.2025, Meinung „Hitzewelle im Norden? Bitte entspannen Sie sich“ von AlexanderBarklage auf Seite 3.Von Alexander Barklage wird die aktuelle Hitzewelle in Norddeutschland als beinahe harmlose Sommerlaune dargestellt. Die Medien übertreiben, die Menschen sollen sich „entspannen“, Ventilatoren seien halt ausverkauft, und wer sich beklagt, dem mangele es wohl am gesunden Menschenverstand. Diese Perspektive verkennt jedoch die ernste Lage, und sie unterschätzt die tiefere Bedeutung von Hitzewarnungen und Aufklärung in Zeiten des Klimawandels.

Ja, wir haben Sommer. Und ja, Hitze gehört dazu. Doch das allein erklärt nicht, warum der Deutsche Wetterdienst vor „extremer Wärmebelastung“ warnt, warum Rettungsdienste aufgestockt werden, warum Pflegeeinrichtungen Notfallpläne aktivieren. Es geht nicht um eine vermeintliche „Hysterie“, sondern um realen Schutz: für Ältere, Kleinkinder, chronisch Kranke, und zunehmend auch für alle anderen. Denn die Zahl der hitzebedingten Todesfälle steigt, auch in Deutschland. Der Sommer 2022 forderte Schätzungen zufolge mehr als 8.000 Todesopfer in der Bundesrepublik, nicht durch Überschwemmungen oder Stürme, sondern durch Hitze. Solche Zahlen sind keine Medienübertreibung, sondern eine Mahnung.

Wer Hitzewarnungen als „übertrieben“ abtut, stellt sich blind gegenüber einer Realität, die längst mehr ist als nur ein saisonales Wetterphänomen. Die Hitze heute ist nicht einfach „wie früher“, sie ist häufiger, intensiver und gefährlicher. Städte heizen sich auf, Böden trocknen aus, Bäche fallen trocken, Tiere sterben, und Landwirtschaft leidet. Hitze ist heute nicht mehr nur ein individuelles Problem, sondern ein strukturelles, für unsere Gesundheitssysteme, unsere Infrastruktur, unsere Umwelt.

Die Kritik an „Servicetexten“, die erklären, wie man sich schützt, wirkt dabei fast zynisch. Nicht jeder Mensch ist in der Lage, spontan das eigene Verhalten optimal an neue Wetterextreme anzupassen. Viele leben in schlecht isolierten Wohnungen, müssen trotz Hitze zur Arbeit pendeln oder körperlich schwer arbeiten. Für sie sind konkrete Informationen lebenswichtig, nicht „banal“, wie Barklage nahelegt, sondern Teil einer öffentlichen Verantwortung.

Natürlich ist Gelassenheit kein Fehler. Aber sie darf nicht zur Verharmlosung führen. Wer heute so tut, als seien Hitzewellen nichts weiter als ein Sommerthema, verkennt die Dynamik eines sich verschärfenden Klimas. Und wer Warnungen mit Panikmache gleichsetzt, riskiert, dass die Menschen sie irgendwann gar nicht mehr ernst nehmen.

Die bessere Botschaft wäre: Informieren, vorbereiten, schützen, ohne Hysterie, aber mit klarem Bewusstsein für die Risiken.

Mit freundlichen Grüßen 

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