Leserbriefe, Medienkritik & politische Analysen seit 2025

Kategorie: Zeitgeschehen (Seite 9 von 16)

Leserbrief zur NOZ vom Freitag, 01.08.2025, Würgt Reiche die Energiewende ab, Seite 3

Sehr geehrte Redaktion,

hier sende ich Ihnen meinen Leserbrief zur NOZ vom Freitag, 01.08.2025, Würgt Reiche die Energiewende ab auf der Seite 3.

Katherina Reiche tritt als Retterin der Energieversorgung auf, doch was ihre Pläne am Ende kosten, zahlen nicht etwa Energiekonzerne, sondern wir Bürger. Ihre ambitionierten Projekte zur sogenannten Kraftwerksstrategie bedeuten milliardenschwere Subventionen, neue Abhängigkeiten und eine Verlängerung des fossilen Zeitalters, auf unser aller Kosten.

Schon jetzt ist klar: Der Bau neuer Gaskraftwerke, für den Reiche als Cheflobbyistin der Energiewirtschaft steht, wird massiv von der öffentlichen Hand gefördert. Die versprochene Brücke zum Wasserstoff ist dabei nichts als ein Nebelwort. Der Wasserstoff kommt auf absehbare Zeit nicht in ausreichender Menge, die Folge: teure fossile Gasimporte, deren Preis und Verfügbarkeit höchst unsicher sind.

Reiche betont, russisches Pipeline-Gas sei keine Option mehr. Doch sie führt uns stattdessen in neue Abhängigkeiten: LNG aus Katar, den USA oder Kanada wird teuer und langfristig gebunden eingekauft, zu Bedingungen, die allein die Konzerne freuen dürften. Schon jetzt kommen 48 % unseres Gases aus Norwegen, 25 % aus den Niederlanden, 18 % aus Belgien. LNG macht erst 8 % aus , soll aber künftig steigen. Wer das zahlt? Wir Steuerzahler.

Reiche selbst ist eng mit der Energiebranche vernetzt, war Vorstandsvorsitzende des Lobbyverbands BDEW und erhielt als Chefin der E.ON-Tochter Westenergie ein Gehalt in Millionenhöhe. Ihre Rückkehr in die Politik wirft Fragen auf: Wer profitiert von ihren Entscheidungen? Die Bürger jedenfalls nicht.

Fazit: Ihre Politik bedeutet steigende Energiekosten, staatlich garantierte Unternehmensgewinne und das Risiko, in neue geopolitische Abhängigkeiten zu geraten. Reiche verkauft all das als Versorgungssicherheit, in Wahrheit sichert sie nur die Kassen der Energiekonzerne.

Mit freundlichen Grüßen 

Leserbrief zum Artikel „Dobrindt prüft Einsatz von US-Software Palantir“ (NOZ vom 31.07.2025, Seite 4)

Sehr geehrte Redaktion,

beigefügt sende ich Ihnen meinen Leserbrief zum Artikel „Dobrindt prüft Einsatz von US-Software Palantir“ (NOZ vom 31.07.2025, Seite 4).

Der geplante Einsatz der US-Software Palantir durch das Bundesinnenministerium wirft schwerwiegende Fragen auf, die weit über technische Details hinausgehen. Es geht um nicht weniger als die digitale Souveränität und die demokratische Selbstbestimmung unseres Landes.

Dass laut Ministerium ausgerechnet nur Palantir die Anforderungen erfüllen soll, ist ein Offenbarungseid für die digitale Beschaffungs- und Innovationspolitik der Bundesregierung. Statt europäische Lösungen gezielt zu fördern, wird erneut einem Unternehmen mit engen Verbindungen zu US-Geheimdiensten und zweifelhafter ideologischer Ausrichtung der Zugriff auf sicherheitsrelevante Daten in Aussicht gestellt.

Palantir steht nicht für neutrale Technologie, sondern für eine Philosophie, die tief im amerikanischen Sicherheitsdenken und rechtslibertären Ideologien verwurzelt ist. Die Nähe zu Donald Trump und seine Kritik an westlichen Demokratien sind gut dokumentiert, wie kann ein solcher Anbieter ernsthaft in Betracht gezogen werden, wenn es um sensible staatliche Daten und Überwachungsbefugnisse geht?

Statt sich in Abhängigkeit zu begeben, sollte die Bundesregierung alles daran setzen, eigenständige, rechtsstaatlich kontrollierte IT-Infrastrukturen zu schaffen, die sich den Maßgaben unserer Verfassung und nicht fremden geopolitischen Interessen verpflichten. Der Einsatz von Palantir ist ein sicherheitspolitischer Dammbruch und ein weiterer Schritt in die falsche Richtung.

Mit freundlichen Grüßen 

Leserbrief zur NOZ vom Mittwoch, 30.07.2025, Artikel von Storch, Seite 4

Sehr geehrte Redaktion,

hier sende ich Ihnen meinen Leserbrief zur NOZ vom Mittwoch, 30.07.2025, zum Artikel über von Storch, Seite 4.

Mit Erstaunen und zunehmender Besorgnis habe ich den NOZ-Artikel vom 30. Juli 2025 gelesen, in dem die AfD-Politikerin Beatrix von Storch ausführlich zu Wort kommt. Unter der Überschrift Von Storch hält SPD für Bremsklotz bei Migration wird erneut ein bekanntes AfD-Narrativ verbreitet, diesmal scheinbar im Mantel einer neutralen Berichterstattung.

Doch der Artikel leistet mehr als nur Information: Er bietet einer rechtsextremen Politikerin unkommentiert eine Bühne, um ihre Sicht der Dinge darzustellen, und das zu einem der politisch brisantesten Themen überhaupt. Wo bleibt die journalistische Verantwortung der Redaktion? Wo bleibt die kritische Einordnung? Wer diesen Artikel liest, wird mit der Sichtweise der AfD konfrontiert, ohne zu erfahren, wie problematisch diese Positionen sind, etwa im Hinblick auf Menschenrechte, gesellschaftliche Spaltung oder die demokratische Grundordnung.

Stattdessen übernimmt die NOZ fragwürdige Begriffe wie Bremsklotz direkt in die Schlagzeile und reproduziert von Storchs Aussagen nahezu wörtlich. Selbst ihre nachgeschobene Relativierung gegenüber der Bild-Zeitung wird ungeprüft übernommen, ohne Hinweis darauf, dass es sich dabei um eine typische Strategie handelt, sich selbst zum Opfer zu stilisieren.

Ein derart unkritischer Umgang mit rechtsextremer Rhetorik befeuert genau jene politischen Kräfte, die demokratische Institutionen gezielt untergraben wollen. Ich erwarte von meiner Tageszeitung, dass sie diese Gefahren erkennt, und ihnen nicht auch noch eine Bühne bietet.

Mit besorgten Grüßen 

Leserbrief zum Artikel Wir müssen mehr und länger arbeiten (NOZ, 28.07.2025, Seite 6)

Hallo NOZ Team,

hier sende ich Ihnen meinen Leserbrief zum Artikel Wir müssen mehr und länger arbeiten (NOZ, 28.07.2025, Seite 6).

Mit ihrem Ruf nach mehr und länger arbeiten bedient Wirtschaftsministerin Katherina Reiche ein altbekanntes Narrativ: Die Bürgerinnen und Bürger seien schuld an allen wirtschaftlichen Problemen, weil sie zu früh in Rente gehen oder angeblich zu wenig arbeiten. Diese pauschale Darstellung ignoriert nicht nur soziale Realitäten, sondern ist auch sachlich verkürzt.

Reiche verweist auf internationale Vergleiche und bemängelt die durchschnittlich niedrige Jahresarbeitszeit in Deutschland. Was sie dabei verschweigt: Diese Zahl ist vor allem deshalb niedrig, weil hierzulande viele Menschen in Teilzeit arbeiten, häufig nicht freiwillig, sondern mangels besserer Alternativen. Hinzu kommen Urlaubsregelungen und Arbeitszeitmodelle, die dem Gesundheitsschutz dienen und mit hoher Produktivität einhergehen. Deutschland liegt bei der Produktivität pro Stunde im internationalen Spitzenfeld. Mehr Arbeitsstunden allein schaffen keinen Wohlstand, das zeigen Länder mit hoher Arbeitszeit und gleichzeitig großer sozialer Unsicherheit.

Völlig ausgeblendet wird in der Debatte, dass viele große Unternehmen seit Jahren das genaue Gegenteil tun: Sie drängen ältere Beschäftigte durch Abfindungen, Frühverrentung und Stellenabbau aus dem Arbeitsleben, weil diese zu teuer werden. Wenn also gefordert wird, Menschen müssten länger arbeiten, dann müssten Unternehmen zuerst bereit sein, diese Menschen auch tatsächlich zu beschäftigen, und zwar unter fairen Bedingungen.

Stattdessen wird der Eindruck erweckt, die sozialen Sicherungssysteme seien wegen der arbeitenden Bevölkerung nicht mehr tragfähig. Fakt ist: Die Belastung durch Sozialabgaben ist seit Jahren stabil, und es wäre durchaus möglich, etwa die Rentenversicherung auf eine breitere Finanzierungsbasis zu stellen, inklusive Selbstständiger, Beamter und durch stärkere Steuerfinanzierung gesellschaftlicher Aufgaben. Dass ausgerechnet die Rentner und Arbeitnehmer jetzt zur „Gefahr für den Wohlstand“ erklärt werden, ist nicht nur unfair, sondern auch ein bequemer Vorwand, um von notwendiger Unternehmensverantwortung abzulenken.

Wer die Realität wirklich sehen will, muss sich fragen: Warum sollen Menschen länger arbeiten, wenn viele Arbeitgeber sie schon mit Anfang 60 nicht mehr wollen? Solange diese Frage unbeantwortet bleibt, ist der Ruf nach mehr Arbeit nicht mehr als ein Schlag ins Gesicht jener, die heute schon am Limit arbeiten, oder keine Chance mehr auf Arbeit bekommen.

Mit freundlichen Grüßen 

Leserbrief zur NOZ von Montag, 21.07.2025: Unkritische Nebeneinanderstellung normalisiert verfassungsfeindliche Positionen

Sehr geehrte Redaktion, sehr geehrter Herr Grupe,

in Ihrer Ausgabe vom 21. Juli erscheinen zwei Artikel, die im Zusammenspiel Fragen nach der journalistischen Verantwortung aufwerfen: Auf der Titelseite berichten Sie über das Ergebnis einer Allensbach-Umfrage, laut der 52 % der Bürgerinnen und Bürger gegen ein Verbot der AfD seien. Im Innenteil analysieren Sie die Äußerungen des AfD-Politikers Maximilian Krah zu einem möglichen Verbot der Identitären Bewegung und zur strategischen Umdeutung des Begriffs Remigration.

Beide Texte stehen kommentarlos nebeneinander und vermitteln dadurch den Eindruck, es handele sich bei der AfD und ihrem ideologischen Umfeld lediglich um politische Positionen am Rand des demokratischen Spektrums, über die man kontrovers diskutieren könne. Tatsächlich aber geht es um tiefgreifende verfassungsfeindliche Bestrebungen.

Der Begriff Remigration, den Krah „strategisch“ umdeuten möchte, ist kein harmloser Diskussionsbeitrag. Er meint in der von Martin Sellner propagierten Form, auf die sich Krah ausdrücklich bezieht, die massenhafte Deportation auch von deutschen Staatsbürgern mit Migrationshintergrund. Das Bundesverwaltungsgericht hat dieses Konzept jüngst als klar verfassungswidrig eingestuft. Und trotzdem wird es in Ihrem Artikel nahezu unkommentiert referiert, als ginge es um eine legitime migrationspolitische Option. Auch Krahs Forderung nach ethnischer Segregation („außereuropäisches Berlin-Neukölln“) bleibt im Text unwidersprochen. Damit läuft Ihre Berichterstattung Gefahr, die radikale Rhetorik zu normalisieren, statt sie als das zu benennen, was sie ist: ein Angriff auf das Grundgesetz und die Menschenwürde.

Vor diesem Hintergrund wirkt der Hinweis auf eine (methodisch fragwürdig dargestellte) Umfrage zur Ablehnung eines AfD-Verbots auf der Titelseite besonders bedenklich. Die Allensbach-Zahlen stehen unkommentiert für sich, ohne Hinweis auf die jüngsten gegenteiligen Umfrageergebnisse (z. B. von Insa oder Ipsos), ohne Reflexion über die soziale Dynamik dahinter und ohne jegliche journalistische Einordnung.

Demokratie ist kein rein arithmetischer Prozess, in dem Umfragen über die Gültigkeit des Grundgesetzes entscheiden. Wenn eine Partei in Teilen offen verfassungsfeindliche Positionen vertritt und deren Protagonisten wie Maximilian Krah nicht einmal mehr zurücktreten müssen, sondern strategisch über Begriffsverschiebungen nachdenken, dann braucht es mehr als neutrale Berichterstattung. Dann braucht es Haltung. Und die vermisse ich in Ihrer Ausgabe.

Mit freundlichen Grüßen

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