Sehr geehrte Redaktion,
Ihr Bericht über den „Expertentalk“ zur Migration ist leider alles andere als ausgewogen. Statt einer kritischen Analyse wurden fast ausschließlich die bekannten Zuspitzungen von Boris Palmer und Bernd Raffelhüschen wiedergegeben, beide seit Jahren für migrationsskeptische bis polemische Thesen bekannt.
So wird etwa das Bild gezeichnet, Geflüchtete seien überwiegend ein „Zuschussgeschäft“, faul oder gar kriminell. Dabei verschweigen die zitierten Stimmen, dass Erwerbsquoten von Syrern und Ukrainern stetig steigen, dass Integration Zeit braucht, und dass Fachkräftezuwanderung längst eine tragende Säule der deutschen Wirtschaft ist. Auch Palmers Bürgergeld-Beispiel mit 4000 Euro für eine Familie wirkt plakativ, aber realitätsfern: Die durchschnittlichen Leistungen liegen deutlich niedriger.
Besonders problematisch ist die unkritische Übernahme von Kriminalitätsstatistiken, die pauschal ganze Nationalitäten stigmatisieren, ohne die bekannten Zusammenhänge (Alter, Geschlecht, sozioökonomische Lage) zu berücksichtigen. So wird Stimmung gemacht, nicht Aufklärung betrieben.
Es wäre Aufgabe des Journalismus, solchen Schlagworten Fakten gegenüberzustellen, statt sie ungebremst zu verstärken. Wer Integration als „nicht mehr zumutbar“ darstellt, lenkt von den eigentlichen Problemen ab: überbordender Bürokratie, schleppender Anerkennung von Abschlüssen und einem überhitzten Wohnungsmarkt.
Mit freundlichen Grüßen
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