Leserbriefe, Medienkritik & politische Analysen seit 2025

Kategorie: Zeitgeschehen (Seite 5 von 16)

Leserbrief zur NOZ vom Montag, 15.09.2025, Seite 2, Expertentalk Migration

Sehr geehrte Redaktion,

Ihr Bericht über den „Expertentalk“ zur Migration ist leider alles andere als ausgewogen. Statt einer kritischen Analyse wurden fast ausschließlich die bekannten Zuspitzungen von Boris Palmer und Bernd Raffelhüschen wiedergegeben, beide seit Jahren für migrationsskeptische bis polemische Thesen bekannt.

So wird etwa das Bild gezeichnet, Geflüchtete seien überwiegend ein „Zuschussgeschäft“, faul oder gar kriminell. Dabei verschweigen die zitierten Stimmen, dass Erwerbsquoten von Syrern und Ukrainern stetig steigen, dass Integration Zeit braucht, und dass Fachkräftezuwanderung längst eine tragende Säule der deutschen Wirtschaft ist. Auch Palmers Bürgergeld-Beispiel mit 4000 Euro für eine Familie wirkt plakativ, aber realitätsfern: Die durchschnittlichen Leistungen liegen deutlich niedriger.

Besonders problematisch ist die unkritische Übernahme von Kriminalitätsstatistiken, die pauschal ganze Nationalitäten stigmatisieren, ohne die bekannten Zusammenhänge (Alter, Geschlecht, sozioökonomische Lage) zu berücksichtigen. So wird Stimmung gemacht, nicht Aufklärung betrieben.

Es wäre Aufgabe des Journalismus, solchen Schlagworten Fakten gegenüberzustellen, statt sie ungebremst zu verstärken. Wer Integration als „nicht mehr zumutbar“ darstellt, lenkt von den eigentlichen Problemen ab: überbordender Bürokratie, schleppender Anerkennung von Abschlüssen und einem überhitzten Wohnungsmarkt.

Mit freundlichen Grüßen

Leserbrief zur NOZ vom Samstag, 12.09.2025, „CDU verlangt Aus des Verbrennerverbots 2035“ Seite 7

Sehr geehrte Redaktion, sehr geehrte Frau Pribyl,

Ihr Artikel zum sogenannten „Verbrennerverbot“ erweckt den Eindruck, als stünde die europäische Autoindustrie kurz vor dem Kollaps. Dabei wird ein zentraler Punkt kaum erwähnt: Ein Verbot im eigentlichen Sinn gibt es gar nicht. Ab 2035 dürfen lediglich keine Neuwagen mehr zugelassen werden, die fossile Treibstoffe verbrennen. Bereits zugelassene Fahrzeuge bleiben im Betrieb, klimaneutrale E-Fuels bleiben ausdrücklich erlaubt. Das vielfach zitierte „Verbrennerverbot“ ist also ein politisch aufgeladenes Schlagwort, das mehr verschleiert als erklärt.

Im Artikel wird fast ausschließlich die Sicht der Autoindustrie und der CDU wiedergegeben. Dass die Regulierung nicht zufällig beschlossen wurde, sondern notwendig ist, um die europäischen Klimaziele einzuhalten und die Importabhängigkeit von Öl zu verringern, bleibt unerwähnt. Ebenso fehlt der Hinweis, dass viele Arbeitsplätze auch bei einer Umstellung auf Elektromobilität erhalten werden können, wenn die Branche rechtzeitig investiert.

Das Argument der „Technologieoffenheit“ wirkt ebenfalls verkürzt: E-Fuels sind extrem energieintensiv und auf absehbare Zeit teuer. Sie werden für Luft- und Schifffahrt dringend gebraucht, nicht für den massenhaften Betrieb von Pkw. Plug-in-Hybride haben sich in der Praxis als wenig klimafreundlich erwiesen.

Es ist verständlich, dass Industrie und Gewerkschaften Übergangsprobleme betonen. Doch wer die Debatte auf eine angeblich „existenzielle Bedrohung“ verengt, ignoriert, dass gerade klare Rahmenbedingungen Innovationen ermöglichen. Statt Rückschritten und Ausnahmen braucht Europa Planungssicherheit und Investitionen in Ladeinfrastruktur, erneuerbare Energien und neue Fertigungstechnologien. Nur so bleibt die Branche international konkurrenzfähig.

Mit freundlichen Grüßen

NOZ vom Samstag, 12.09.2025, Seite 2, Charlie Kirk

Sehr geehrte Redaktion,

Ihre ausführliche Berichterstattung über den Tod von Charlie Kirk und die Festnahme des Tatverdächtigen liest sich wie ein Heldenepos: Rosen, Kerzen, Trauerbilder, Zitate von Trump, Forderungen nach der Todesstrafe. Fast geht dabei unter, dass Kirk kein „unabhängiger Demokratiedebatten-Verfechter“ war, sondern ein zentraler Propagandist rechter Desinformation und Hetze (Turning Point USA).

Natürlich ist ein Anschlag zu verurteilen, aber warum diese Märtyrer-Inszenierung, während rechte Gewalt in Deutschland, die zahlenmäßig das weit größere Problem darstellt, oft kaum Schlagzeilen wert ist? Wer Trump ungefiltert zitieren darf, wenn er pauschal „die radikale Linke“ verantwortlich macht, wird unweigerlich Teil seiner Propaganda.

Meine Frage an die NOZ: Warum wird ein rechter Agitator in den USA seitenfüllend emotionalisiert, während rechtsextreme Netzwerke und Gewalt vor unserer eigenen Haustür oft nur Randnotizen bleiben?

Mit freundlichen Grüßen

Leserbrief zur NOZ vom Samstag, 06.09.2025, Seite 5, Ein Denken wie Lenin

Sehr geehrte Redaktion,

die Empörung über ein T-Shirt des niedersächsischen Verfassungsschutzes wirkt vorgeschoben. Ausgerechnet CDU, Werteunion und FDP, die sonst für Vorratsdatenspeicherung, Staatstrojaner oder Palantir-Software eintreten, geben sich plötzlich als Hüter der Bürgerrechte.

Der Verdacht liegt nahe: Manche Konservative kritisieren den Verfassungsschutz weniger wegen eines missglückten Spruchs, sondern weil sie selbst durch seine Arbeit ins Visier geraten könnten, sei es bei der Beobachtung rechtsextremer Netzwerke oder der AfD.

Die eigentliche Gefahr für unsere Demokratie liegt nicht in einem flapsigen Werbespruch, sondern in dem Versuch, den Verfassungsschutz politisch zu diskreditieren.

Mit freundlichen Grüßen

Leserbrief zum NZZ-Artikel Standortrisiko Klimawandel? in der NOZ von 3. September 2025 (Seite 4)

Sehr geehrte Redaktion,

hier sende ich Ihnen meinen Leserbrief zum NZZ-Artikel Standortrisiko Klimawandel? in der NOZ von 3. September 2025 (Seite 4).

Die NZZ wirft in ihrem Artikel „Standortrisiko Klimawandel?“ berechtigte Fragen zur Qualität einzelner Studien auf. Wissenschaft lebt vom Widerspruch, und Korrekturen sind Teil seriöser Forschung. Problematisch ist jedoch der Unterton: Aus den Fehlern einer Studie wird ein Generalverdacht gegenüber der gesamten Klimaforschung abgeleitet.

Wer so argumentiert, riskiert, den Eindruck zu erwecken, Klimawissenschaft sei insgesamt unsicher oder übertrieben, und dass Politik sich vorschnell auf „alarmistische“ Szenarien stütze. Genau diese Skepsis transportiert der Artikel, auch durch den Hinweis auf mögliche ökonomische „Vorteile“ der Erderwärmung. Damit wird weniger Wissenschaftskritik betrieben, sondern subtil die Notwendigkeit ambitionierter Klimapolitik relativiert.

Tatsächlich zeigt die Gesamtheit der Forschung, dass die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Risiken des Klimawandels enorm sind, auch wenn einzelne Modellrechnungen Fehler enthalten. Es wäre deshalb ehrlicher, nicht einzelne Patzer zu verallgemeinern, sondern die breite wissenschaftliche Evidenz darzustellen, die seit Jahrzehnten unmissverständlich vor hohen Kosten und irreversiblen Schäden warnt.

Mit der unkommentierten Übernahme des NZZ-Artikels relativiert die NOZ die Klimakrise und stellt die Glaubwürdigkeit der Forschung pauschal infrage.

Mit freundlichen Grüßen

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